Wenn es keinen
Puskás gibt, dann gibt es keinen ungarischen Fußball
Attila Ághassi
17 November 2006, 8:44
Ferenc
Puskás war ein Künstler auf dem Spielfeld, sein Können hat ihn zu einem
Einmannimage des Landes gemacht. Er konnte kein Weltmeister sein, aber er
hat fast alles erreicht, was ein Fußballspieler erreichen kann. Als einer
der größten wurde er in seinem ganzen Leben geehrt. Obwohl der ehemalige
Weltklassespieler von Bp. Honvéd und Real Madrid zu spanischem
Staatsbürger geworden ist, hat er die Ungarn nicht abgelehnt, als er
zuhause von den Protokollen gestrichen und befleckt wurde. Einer der
genialsten Fußballspieler der Welt, der bekannteste Ungar des letzten
Jahrhunderts ist im Alter von 79 verstorben.
Im Alter von 79 ist Ferenc Puskás nach einer langen, schweren
Krankheit gestorben.
Der bekannteste, berühmteste Ungar der Welt ist gestorben, einer der
besten Fußballspieler der Welt, der Sportler der Nation ist gestorben.
Heute ist es schon sehr schwer wahrzunehmen, wie er in seiner Glanzperiode
sein konnte, wem er gleichsehen konnte, aber von den heutigen könnte man
den französischen Zinedine Zidane oder den brasilianischen Ronaldinho als
Beispiel nennen. Obwohl beide Weltmeister sind und Puskás das WM-Finale
verloren hat. 1954, in Bern hat er doch 2 Tore gegen die Deutschen
geschossen, aber sein zweites, ganz regelrechtes Tor, mit dem die
ungarische Auswahl das Finale hätte gewinnen können, wurde vom Spielführer
annulliert.
Zweimal
war er spanischer Torschützenkönig, während seiner Laufbahn hat er
insgesamt mindestens tausend Tore geschossen, sein Rekord in der
ungarischen Nationalelf ist momentan Weltrekord. Bei fünfundachtzig
Spielen hat er vierundachtzigmal in den Tor getroffen.
Puskás hat daheim dreizehn Jahre lang in Kispest gespielt, er hat Real
Madried sechs Jahre lang gedient, dazu im Alter von einunddreißig, mit
bedeutendem Gewichtsausschlag konnte er nach einer zweijährigen Verpönung
wieder spielen. Es ist charakteristisch für seine Willenskraft, dass er
nie zum Gedanken des Aufgebens gekommen ist, seine Mitspieler haben sein
Können anerkannt, er hat den Dress Zehn bekommen. Als der portugiesische
Figo 2000 zur königlichen Garde kam, hat der Vorsitzende ihm gesagt, er
soll diesen Dress so tragen, dass er vorab Puskás gehörte.
Puskás hat im Real-Dress im EP-Finale des Jahres 1960 vier Tore geschossen,
seitdem ist diese Bravour niemandem gelungen und wahrscheinlich keiner
wird diesen Rekord für eine gute Zeit stürmen.
Der
Polizist aus Tirana, der Sachbearbeiter am Flughafen in Sevilla, der
Fremdenführer in Guadeloupe, der Taxifahrer in Athen und der englische
Wirt identifizierten Ungarn mit Puskás.
"Puskas"
war die Einmannimage des Landes, ein sprechender Name, die
emblematische Figur des Landes und des allgemeinen Fußballs. Der
Chefredakteur einer russischen Zeitschrift hat über ihn nur gesagt:
"wenn es keinen Puskás gibt, dann gibt es keinen ungarischen Fußball,
dann gibt es auch keinen russischen und die gesamte Menschheit wäre
ärmer."
Wer ihn mindestens einmal Fußball spielen sah, vergisst sein
Dribbeln, seine Treffer nie. Wer ihn nicht Fußball spielen sah,
beschwört, er war einer der größten.
Wegen des kommunistischen Systems konnte er eben daheim nicht der
größte sein, weil nach seinem Dissidieren seinen Namen jahrelang
nicht geschrieben werden durfte, man hat sogar versucht, ihn
anzuschwärzen. Artikel erschienen daheim über seine
unverhältnismäßige Materiellheit (immer der denkwürdige Satz "kleines
Geld, kleiner Fußball, großes Geld, großer Fußball" wurde zitiert),
bei der Wahl des Goldenen Balls durfte der ungarische Journalist
nicht auf ihn stimmen, trotzdem wurde er 1960 der zweite. Bei dem
Gastspiel von Real Madrid gegen Vasas war die Zusammenstellung der
spanischen Mannschaft von zehn Mann, obwohl Puskás spielte, durfte
sein Name in den Berichten nicht erscheinen. Bei seiner ersten
Heimkehr, nach einer Abwesenheit von fünfundzwanzig Jahren, im Jahr
1981, bei seiner partiellen Rehabilitation wurde er lieber
beschuldigt, als begrüßt. Auch der Starreporter der Zeit hat mit ihm
ein solches Fernsehinterview gemacht, welches beabsichtigt so
geschnitten wurde, dass sich ein ungünstiges Bild von ihm entwickelt.
Erinnerungen
Einmal konnte
ich mit ihm reisen. 1999 wurde die Gala des Sportlers des
Jahrhunderts veranstaltet und unter den hundert Eingeladenen
gab es drei Ungarn. Krisztina Egerszegi, László Papp und
Ferenc Puskás. Wir sind mit dem Zug nach Wien gefahren, in der
Gesellschaft von György Szöllõsi, der über das Leben von
Puskás ein Buch geschrieben hat.
Damals konnte man sich mit Onkel Öcsi nicht mehr unterreden,
seine Hirnfunktiosstörungen waren spürbar, seine abgebrochenen
Sätze konnte man schwer befolgen. Wir wagten nicht besonders,
mit ihm ins Gespräch zu kommen, weil wir zweiundzwanzigjährige
Neulinge waren.
Wir haben uns ein bisschen gefreut, dass wir neben ihm sitzen
und einige Worte über die Gerichte und Getränke wechseln
konnten. Wir haben gedacht, er achtet nicht auf uns, dann
haben wir uns bestürzt, dass er das trotzdem tut.
Auf dem Wiener Bahnhof wurde Puskás von einer Limousine
erwartet, wir von niemandem, aber er ist nirgendshin gefahren,
bis man nach uns gesendet hatte. "Bis kein Auto für die zwei
Kinder kommt, bewege ich mich nicht" – erklärte er.
Es war beweglich, dass er sich um uns kümmerte, auch unbekannt
für uns sorgte, das Auto ist gekommen, im Hotel haben wir uns
wieder getroffen, er hat nur gelächelt und uns auf die
Schulter geklopft. Dann kamen Di Stefano, Zoff, Eusebio, Mark
Spitz, Carl Lewis, Muhammad Ali, Pelé, um seine Hand zu
drücken und mit ihm einige Worte zu wechseln.
Puskás
wurde gleichzeitig in Madrid so geehrt, dass er das gesamte Einkommen
seines Abschiedsspiels im Jahr 1966 behalten durfte, Präsident Bernabéu
hat es ihm gegeben.
Vor fünfzig Jahren wurde er einmal schon begraben. Nach der Revolution von
‚56, am Ende Oktober hat die Nachrichtenagentur Interpress die Nachricht
herausgegeben und die Weltzeitschriften haben das übernommen, dass der
Kapitän der Olympiasieger- und WM-Silbermedaillenmannschaft in den Kämpfen
umgebracht wurde. Der Spruch war auch für ihn wahr, seine Todesnachricht
wurde mitgeteilt und er hat lange gelebt.
Es konnte
nicht sinnlicher ausgesprochen werden, als der spanische Mitstürmer,
Alfredo di Stefano getan hat, was für ein Mensch er war. "Er war eine Zehn
als Spieler und als Mensch." Wenn jemand, dann er konnte ihn wirklich
kennen, weil er in Spanien sein bester Freund wurde, er hat ihm bei dem
Sprachstudium geholfen und während sein Kranksein hat er ihn mehrmals in
Buda besucht. Und er hat auch das verraten, dass er der größte Wohltäter
und Patron der dissidenten Ungarn war. "Er hat jedem Ungarn geholfen, er
war wie eine Botschaft. Sein Geld hat er auf sie aufgewendet."
Er hat in
fünf Sprachen gesprochen; er war nicht der unkultivierter, sein Geld
verschleudernder Starfußballspieler, wie man mehrmals versuchte, ihn
einzustellen. Ein wirklich großes Vermögen hatte er nie, seine spanischen
Geschäftsunternehmen waren nicht erfolgreich. (Er hat zum Beispiel einen
Wurstbetrieb geöffnet.)
Nach seiner Spielerlaufbahn konnte er auch als Trainer erfolgreich sein.
Sein Bekenntnis war, dass der Ball nicht schwitzt und nicht ermüdet.
Die damals noch nicht gezeichnete Mannschaft von Panathinaikos hat er 1971
bis zum EP-Finale geführt, er war auch in Südamerika, dem ungarischen
Fußball konnte sogar er nicht mehr helfen, bei vier Spielen hat er als
Verbundskapitän einen Sieg erreicht.
Die furchtbare Alzheimer-Krankheit hat Puskás am Ende der neunziger Jahre
angegriffen. Auf Anblick wurde er nicht alt, sein zurückgestrichenes Haar,
seine verschmitzten lieben Au gen und sein selbstsichere Körperhaltung hat
lange suggeriert, obwohl er krank ist, kann er lange leben.
Er hat 79 Jahre gelebt, bis zum 17. November 2006.